Bewegung gegen alle Gewohnheiten

Jeder Mensch hat Bewegungsmuster, die sich über viele Jahre einschleichen. Die Feldenkrais-Methode hilft, Areale im Gehirn zu aktivieren, die kaum noch angesteuert werden. So können auch Schlaganfall-Betroffene die Fähigkeiten ihres Körpers neu entdecken.

Alte Be­wegungsmuster durchbrechen

Jeder Mensch hat seine Gewohnhei­ten – auch in Sachen Bewegung. "Es ist unheimlich schwierig, diese zu durchbrechen", erklärt Luzia Brauchle und gibt ein einfaches Beispiel: "Ver­schränken Sie die Arme vor Ihrer Brust. Liegt bei Ihnen der rechte Unterarm oben oder der linke? Das macht jeder Mensch automatisch, ohne darüber nachzudenken. Jetzt verschränken Sie die Arme genau andersherum. Das wird sich ungewohnt anfühlen, wahrschein­lich sogar völlig falsch. Dabei ist es ei­gentlich die gleiche Bewegung." Genau darum geht es bei Feldenkrais: alte Be­wegungsmuster zu durchbrechen und Bewegung neu zu entdecken.

Luzia Brauchle litt selbst jahrelang unter Rückenschmerzen. Als Physiothe­rapeutin war sie vom Fach und wusste eigentlich, was zu tun ist. Doch erst ein Feldenkrais-Seminar brachte Brauchle die erhoffte Schmerzfreiheit. Sie be­schäftigte sich mit dem Thema und ab­solvierte Ende der 1980er-Jahre eine vierjährige, international anerkannte Ausbildung zur Feldenkrais-Pädagogin. Seitdem hat sie etwa 20.000 Menschen begleitet, darunter auch zahlreiche Schlaganfall-Betroffene.

Areale im Gehirn ansteuern und znutzen, die lange nicht aktiv waren

Zunächst beobachtet sie die Patien­ten genau: Wie steht und geht eine Per­son? Wie bewegt sie sich? Dann arbeitet Brauchle mit den vorhandenen Fähig­keiten. Erst geht es um minimale Bewe­gungen im Becken, im Brustkorb oder in der Wirbelsäule, später werden die Be­wegungen größer. "Wie kann ich die Bewegung anders machen? Welche Al­ternativen gibt es, die Bewegung auszu­führen? Kleine Kinder probieren das in­tuitiv, Erwachsene verlernen das. Die Feldenkrais-Methode schult die Auf­merksamkeit und die Wahrnehmung dafür." Zum Teil bewegt Brauchle die Betroffenen, meist führen sie die Bewegungen nach Anleitung selbst aus. Min­destens 1,5 Stunden dauern die intensi­ven Einheiten. Ziel ist, Areale im Gehirn anzusteuern und zu nutzen, die lange nicht aktiv waren.

Feldenkrais-Pädagogen betrachten die Menschen ganzheitlich

Bei Schlaganfall-Betroffenen ist es Brauchle zudem wichtig, dass sie liebe­voll mit sich selbst umgehen. "Manche geben sich die Schuld an der Erkran­kung, weil sie die Warnzeichen ihres Körpers ignoriert haben, andere sind wütend und aggressiv. Ich arbeite mit ihnen daran, innerlich zur Ruhe zu kom­men. Feldenkrais-Pädagogen betrachten die Menschen ganzheitlich. Menschen sind eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Die positive Gefühlslage spielt eine entscheidende Rolle."

„Therapie mal anders“ stellt Therapiemethoden vor, die nicht immer wissenschaftlich belegt sind, aber von Schlaganfall-Betroffenen häufig als hilfreiche oder angenehme Ergänzung zu den klassischen Therapien empfunden werden.

Dr. Moshé Feldenkrais (1904 – 1984), Ingenieur, Physiker und Kampfsportler, entwickelte die nach ihm benannte Lernmethode, mit der Menschen Bewegungsfunktionen auf eine schonende Art erlernen können.

Cora Wulf vom Vorstand Feldenkrais Verband Deutschland e.V. beantwortet die wichtigsten Fragen für Interessierte:

 

  • Für wen ist die Feldenkrais-Methode geeignet?

Die Feldenkraismethode ist für jeden geeignet, der Neugier und Interesse am Erlernen, Erspüren und Entdecken von Bewegung mitbringt. Personen jedes Alters können teilnehmen.

 

  • Worauf muss ich bei der Wahl eines Feldenkrais-Lehrers einer Lehrerin achten?

Ein Feldenkrais-Lehrer bzw. eine Lehrerin in sollte über eine international akkreditierte vierjährige Ausbildung verfügen und zertifiziert sein. Dies kann man an Feldenkrais ® erkennen.  Auf der Webseite des FVD Feldenkrais-Verbandes Deutschland e.V. kann man über den Button „Lehrer*innensuche“ entsprechende Lehrer finden.

 

  • Wie ist die Ausbildung zum Feldenkrais-Pädagogen geregelt?

Die Feldenkraisausbildung dauert 4 Jahre und ist berufsbegleitend. Sie umfasst 160 Unterrichtstage.

 

  • Welche Therapie-Möglichkeiten gibt es – vom Gruppenkurs am Wochenende bis hin zur Einzelstunde?

Um Feldenkrais kennenzulernen gibt es zwei Wege: Man kann an einem Gruppenunterricht teilnehmen, den der Lehrer verbal Bewegungskombinationen anleitet.  Durch intensive Fragen zur Körperwahrnehmung können die Teilnehmer sich zunehmend intensiver kennenlernen und das eigene Bewegungsverhalten verändern. In  einer Einzelbehandlung erforscht der Lehrer mit den Händen gemeinsam mit dem Klienten Muster und Gewohnheiten und beide arbeiten an neuen Bewegungs- und Handlungsmöglichkeiten.

 

  • Mit welchen Kosten muss ich rechnen? Zahlen Krankenkassen einen Teil?

Eine Gruppenstunde kostet zwischen 10 und 15 Euro pro Stunde, eine Einzelstunde zwischen 60 und 90 Euro. Die Kosten von Gruppenstunden werden in seltenen Fällen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen (meistens im Rahmen der Absolvierung von Bonusprogrammen). Privat Versicherte können bei entsprechendem Tarif die Kosten von Einzelbehandlungen erstattet bekommen.

 

Weitere Informationen beim Feldenkrais-Verband Deutschland e.V.

www.feldenkrais.de