Kunst hilft, sich mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen
Manchmal gibt es Dinge, die lassen sich kaum in Worte fassen. Wie geht man damit um, wenn der eigene Körper einem nicht mehr gehorcht? Wenn die Emotionen plötzlich Achterbahn fahren? Wenn einem ständig die Angst vor einem zweiten Schlaganfall im Nacken sitzt? Helga Brot hilft Betroffenen, sich mit ihrer Situation auseinanderzusetzen und neue Perspektiven zu finden – durch Kunst. Seit mehr als 25 Jahren arbeitet die studierte Kunsttherapeutin im Neurologischen Rehabilitationszentrum Friedehorst in Bremen.
„Mir ist es wichtig, herauszufinden, was der Person guttut. Die einen zeichnen nach Vorlage oder frei, dies schult die Konzentration. Andere malen lieber und drücken so in Aquarell- oder Acrylbildern ihre Emotionen aus. Hingegen erfordert das Arbeiten mit formbaren Massen wie Ton oder Knete mehr Kraft und kann daher überschüssige Energien ableiten.“
Therapie mal anders
Helga Brot analysiert die Werke ihrer Patientinnen und Patienten nicht, sondern verfolgt einen anderen Ansatz. „Ich möchte nichts aus den Bildern herauslesen. Für mich ist die Kunst ein Weg, damit die Betroffenen Zugang zu ihren Emotionen finden. Sie müssen Entscheidungen treffen, zum Beispiel welche Technik sie nutzen möchten. Sie erleben, welche Alternativen sie haben, wenn etwas durch die körperliche Einschränkung nicht mehr funktioniert.“
Dabei helfe auch ein Perspektivenwechsel. „Meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer erleben oft einen Aha-Effekt, wenn sie ihre Bilder umdrehen oder vor einen Spiegel halten. Dann wirken sie plötzlich ganz anders. Ebenso kann es den Kranken helfen, selbst einmal die Perspektive zu wechseln.“ Schwer Betroffene besucht Helga Brot auf dem Zimmer, die meisten Therapiestunden sind allerdings in der Gruppe – mit Zeit für Gespräche untereinander.
Auch nach der Reha gilt: Im Training bleiben
Helga Brot freut sich, wenn sie nicht nur von den Therapie- Teilnehmern, sondern auch von den Angehörigen positive Rückmeldungen erhält: „Viele berichten mir, dass die Betroffenen nach der Therapiestunde ruhiger und entspannter geworden sind.“ Deswegen gibt sie gerne Tipps, wie es im Anschluss an die Reha auch zu Hause künstlerisch weitergehen kann. Denn bei der Kunsttherapie ist es wie bei jeder anderen Therapie: Es ist wichtig, im Training zu bleiben.
„Therapie mal anders“ stellt Therapiemethoden vor, die nicht immer wissenschaftlich belegt sind, aber von Schlaganfall-Betroffenen häufig als hilfreiche oder angenehme Ergänzung zu den klassischen Therapien empfunden werden.