Konzentriert und in sich gekehrt führt Shi Yan Hai langsam und fließend seine Hände vom Bauch über seinen Kopf und wieder zurück. Die poetisch klingende Übung „Den Himmel mit beiden Händen stützen“ praktiziert der Shaolin-Großmeister regelmäßig, um Energie zu tanken.
"Arbeit mit der Lebensenergie"
„Qigong ist eine Jahrtausendealte chinesische Kunst der Bewegung, Konzentration und Atmung“ erklärt Shi Yan Hai. Er erlernte die uralte Kunst jahrelang in einem Shaolin-Tempel in China. Der Begriff setzt sich aus zwei Wörtern zusammen: Qi und Gong. „Qi ist Lebensenergie“, sagt der Shifu. „Gong bedeutet Arbeit. Übersetzt beutet Qigong so viel wie „Arbeit mit der Lebensenergie“. „Qigong befreit den Geist und harmonisiert das Qi“, erklärt der 48-Jährige und ergänzt: „Das Qi soll zur Mitte kommen, damit es im Gleichgewicht ist.“ In der traditionellen chinesischen Kultur spielt das „Qi“ eine wichtige Rolle. Es fließt durch Energiebahnen, sog. Meridiane und versorgt die Organe mit Energie. Durch die fließenden Bewegungen, kombiniert mit Atemübungen und Meditationen, wird die Harmonie des Energieflusses erhalten oder wiederhergestellt. Zudem stellt sich eine innere Gelassenheit ein. „Qigong hilft dabei, mit Stress und Belastungen umzugehen“, sagt der gebürtige Chinese.
Die fernöstliche Kampfkunst wirkt nicht nur geistig
Die fernöstliche Kampfkunst wirkt aber nicht nur geistig, sondern auch körperlich. „Die Übungen schulen die Konzentration, fördern den Gleichgewichtssinn, die Beweglichkeit und verbessern so das Körpergefühl“, erklärt Shi Yan Hai. Die ersten acht Techniken, als „Brokate“ bekannt, lassen sich sowohl in der Wohnung als auch draußen ausüben.
Qigong ist auch für Senioren und Schlaganfall-Betroffene geeignet
Das Positive für Senioren und Schlaganfall-Betroffene: „Die Übungen können im Liegen, Sitzen und Stehen ausgeführt werden“, erklärt der Shaolin und betont: „Qigong ist die einfachste der drei Shaolin-Techniken. Jeder kann sofort damit beginnen.” Jede Übung hat einen Nutzen und wirkt auf einzelne Organe, allerdings auch auf ganze Organ-Kreisläufe. Ziel sei es laut dem Shifu immer, den Energiefluss anzuregen. „Beschwerden werden so gelindert, Stress und Anspannungen abgebaut“, so der Großmeister.
„Therapie mal anders“ stellt Therapiemethoden vor, die nicht immer wissenschaftlich belegt sind, aber von Schlaganfall-Betroffenen häufig als hilfreiche oder angenehme Ergänzung zu den klassischen Therapien empfunden werden.