Ein Schlaganfall kommt immer plötzlich
Eigentlich hatte sich Hans-Hasso Kleina seinen Ruhestand anders vorgestellt. Der Konrektor einer Realschule aus Hiddenhausen in Nordrhein-Westfalen war immer ein unternehmungslustiger Mensch. Schöne Reisen und ausgedehnte Radtouren hatte er geplant. Eine Tour auf zwei Rädern stand auch am Morgen des 27. August 2014 auf dem Programm, doch daraus wurde nichts. Unter der Dusche knickte ihm plötzlich das linke Bein weg. Seine Ehefrau reagierte geistesgegenwärtig und wählte die 112.
Dankbar für die Unterstützung
Zwei Wochen verbrachte er auf der Stroke Unit des Klinikums Herford. Er war halbseitig gelähmt und hatte Wortfindungsstörungen. „Man sagte mir, ich werde viel Geduld brauchen, weil es ein schwerer Schlaganfall sei“, erinnert sich der Pädagoge. Da trat Schlaganfall-Lotsin Sabine Bruning an sein Bett und machte ihm das Angebot, ihn und seine Frau ein Jahr lang zu begleiten. Ein Angebot, dass die beiden dankbar annahmen. Ein Schlaganfall kommt immer plötzlich, niemand ist auf die zahlreichen Herausforderungen vorbereitet.
Dann folgte die Depression
Mehr als drei Monate musste der pensionierte Lehrer anschließend in der stationären Rehabilitation verbringen. Lotsin Sabine Bruning war während all der Zeit Ansprechpartnerin für ihn und seine Frau, kümmerte sich vor der Entlassung um einen Rollstuhl und ein Pflegebett. Trotz seiner schweren Behinderung schien alles auf einem guten Weg zu sein. Doch im Frühjahr 2015 passierte etwas Unerwartetes: Hans-Hasso Kleina fiel in eine schwere Depression.
Lotsin zeigt Perspektive auf
Die so genannte Post Stroke Depression trifft etwa ein Drittel aller Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten. „Ich kam einfach nicht damit klar, plötzlich so sehr auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein“, sagt Kleina heute. Er ließ sich stationär behandeln, auch hier war die Lotsin an seiner Seite. „Wir versuchen immer, den Patienten Perspektiven aufzuzeigen“, erklärt Sabine Bruning. „Herr Kleina war immer ein sehr aktiver Mensch, der gern auf andere zugeht. Deshalb habe ich den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe hergestellt.“
Krankheit als Teil der Persönlichkeit
Herr Kleina und seine Frau gingen zu einem Gruppentreffen und fühlten sich von Beginn an wohl. Der Rest ist Geschichte, denn Hans-Hasso Kleina ging in seinem neuen Engagement auf. Als die Gruppe eine neue Leitung benötigte, war er zur Stelle. Kurze Zeit später führte die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ihr Modell der ehrenamtlichen Schlaganfall-Helfer ein. Wieder war es Hans-Hasso Kleina, der die erste Schulung in Herford organisierte. Demnächst möchte er vermehrt Vorträge halten und damit anderen Betroffenen Wege aufzeigen, ihr Leben nach dem Schlaganfall neu zu gestalten. „Ich habe gelernt, die Krankheit als Teil meiner Persönlichkeit zu akzeptieren“, sagt er. „Nun habe ich eine rundum erfüllende Aufgabe gefunden.“
Zurück im Leben
Inzwischen ist Hans-Hasso Kleina 75 und führt trotz seiner schweren Behinderung ein zufriedenes Leben. Er schmiedet Pläne für die nächste große Tour auf seinem Dreirad. Denn er hat den roten Faden in seinem Leben wiedergefunden, auch dank Sabine Bruning. „Das ist es eigentlich, was wir bei allen Patienten versuchen“, erklärt die Lotsin: „Den roten Faden zu finden und den Menschen stets zu zeigen, was der nächste Schritt ist.“