Es ist der Morgen des 25. Oktober 1999: Birgit Thürmer erwacht, weil sie aus dem Bett gefallen ist. Das dies bereits die Folge eines ersten Schlaganfalls ist, erfährt sie erst später. Ihr damaliger Ehemann hilft ihr wieder ins Bett, erkennt jedoch nicht den Ernst der Lage und lässt sie weiterschlafen, anstatt den Notruf zu wählen. Nach dem Aufstehen geht es ihr dann richtig schlecht. Sie kann nicht mehr sprechen, schleppt sich mühevoll zu ihrer Mutter. Doch auch die erkennt die Anzeichen des Schlaganfalls nicht. Mit ihren letzten Schritten schafft Thürmer es noch bis zu ihrer Großmutter.
Erst nach sechs Stunden ruft die Familie ärztliche Hilfe. Dann geht alles plötzlich ganz schnell: Birgit Thürmer, die damals noch im Rheinland lebt, wird mit Blaulicht in die Uniklinik Köln eingeliefert. Hier zeigen sich die schlimmen Folgen ihres Schlaganfalls – sie muss nahezu alles neu lernen. „Die gelernte Bürokauffrau erinnert sich: Ich war wie ein kleines Kind.“ Doch Thürmer stellt sich der Herausforderung – mit Erfolg: Bereits nach einer Woche ist sie nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen, sondern kann wieder selbstständig laufen. Direkt nach der Akutklinik geht es für sie weiter in die Reha.
Gleichzeitig hat Birgit Thürmer jedoch mit psychischen Problemen zu kämpfen. In der Therapie wird klar: Das liegt auch an ihrer häuslichen Situation. Wieder zeigt sie Stärke und trennt sich von ihrem damaligen Ehemann. „Ab da habe ich mein ganzes Leben allein durchgezogen“, betont Thürmer. Mitthilfe von Logopädie, Physio- und Ergotherapie trainiert sie hart für weitere Fortschritte und lernt sogar wieder Auto- und Fahrradfahren. Ihre einzige Unterstützung in dieser schweren Zeit ist ihre Großmutter.
Vor einigen Jahren zog Birgit Thürmer vom Westen Deutschlands nach Nordenham in Niedersachsen. Heute ist sie begeisterte Hobbyfotografin und wieder verheiratet. Ihren jetzigen Mann lernte sie während einer Reha kennen – auch er ist Schlaganfall-Betroffener. Mit einer ebenfalls betroffenen Bekannten schmiedet sie zurzeit Pläne für zusätzliche Selbsthilfe-Aktivitäten in der Region. „Mit vielen Menschen zusammen kann man einfach mehr erreichen“, ist sie sich sicher. Andere Betroffene ermutigt sie, sich nicht hängen zu lassen, sondern weiterzukämpfen. Denn ihr Motto lautet: „Man kann alles, wenn man will.“