Aufgeben? Nie!

Reinhold Kraft stand mitten im Leben: Er war Geschäftsmann und betrieb ein Auto- und Motorradgeschäft in Leutkirch im Allgäu. Dann riss ihn ein Schlaganfall aus seinem gewohnten Alltag. Heute macht er anderen Betroffenen Mut.

„Jede Situation beinhaltet auch eine Chance“, sagt Reinhold Kraft. Diese pragmatische und zuversichtliche Einstellung hat der 75-Jährige in seinem Leben schon oft gebraucht. Rückblick: 2011 gönnt sich der hobbyreiche Allgäuer, der passionierter Koch ist und Piano spielt, gemeinsam mit Kochfreunden einen Kurzurlaub am Lago Maggiore in Italien. Im Ferienhaus telefoniert Kraft am Abend mit seiner Frau Brigitte in Deutschland. Plötzlich fällt ihm das Telefon aus der Hand, er fällt rückwärts aufs Bett. In diesem schicksalhaften Moment hat Reinhold Kraft jede Menge Glück im Unglück: Freunde erkennen blitzschnell die Situation und rufen einen Krankenwagen. Im Krankenhaus erhält er die schockierende Diagnose „Hirnblutung“.

 

Zehn Tage lang liegt Kraft auf einer sogenannten Stroke Unit, einer Spezialstation für Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten. Die erste Zeit sitzt er im Rollstuhl, die rechte Seite gelähmt. „Ich realisierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche Einschränkungen der Schlaganfall für mich haben würde“, gibt er zu. Seine Frau Brigitte reiste extra nach Italien und blieb eine Woche in der Klinik; „das hat mir viel Kraft und Zuversicht gegeben“, sagt der Allgäuer.


Zurück in Deutschland ging es zur Reha nach Bad Buchau. Schnell stellten sich Erfolge ein, schon nach drei Wochen konnte er den Rollstuhl beiseitestellen. Was allerdings nicht ging: Klavierspielen – „mit der rechten Hand ging gar nichts mehr“, erinnert sich Kraft. Davon unbeeindruckt übte er fleißig auf einem E-Piano, das ihm seine Frau besorgt hatte. Acht Wochen nach dem Schlaganfall war Reinhold Kraft wieder zu Hause.

Inzwischen war mir bewusst, dass der Schlaganfall keine vorübergehende Beeinträchtigung war, sondern mich mein Leben lang begleiten würde.
Reinhold Kraft

Heute ist Reinhold Kraft zwar noch nicht bei 100 Prozent angekommen, er hat sich mit seinen Einschränkungen aber arrangiert. Die Leidenschaft fürs Kochen und Klavierspielen konnte ihm der Schlaganfall nicht rauben. Letzteres funktioniert trotz körperlicher Einschränkungen gut: „Das Klavierspielen stellte ich auf die linke Hand um. Ich erfand dabei einen neuen Klavierstil, bei dem die linke Hand sowohl die Melodieführung wie auch die Begleitung wechselseitig übernimmt", erklärt er. Regelmäßig beweist er bei öffentlichen Auftritten, wie gut das funktioniert.

Reinhold Kraft

Seine Ausnahme-Situation hat sich Reinhold Kraft von der Seele geschrieben. Mit seinem Buch „Klavierspielen und Kochen trotz Schlaganfall“ möchte er „anderen Schlaganfall-Betroffenen Hilfe und Anleitung zu geben, wie sie die erworbenen Beeinträchtigungen, die physischen und emotionalen Hindernisse besser in den Griff bekommen können, um weiterhin ein zufriedenes, ja glückliches Leben führen zu können.“ Das Echo sei bisher durchweg positiv. „Ich bin aber schon dadurch reichlich belohnt, wenn ich feststelle, dass ich mit meinen Erkenntnissen und Ratschlägen Perspektive geben und weiterhelfen kann.“

 

 

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