Im Interview
Prof. Ingo Froböse
Deutsche Sporthochschule Köln
Ingo Froböse ist Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, wo er das Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation leitet. Den meisten Menschen ist er besser bekannt als Ratgeber und Motivator in vielen Medien oder als Autor unzähliger Bücher. Mario Leisle sprach mit dem früheren Leistungssprinter darüber, wie es Menschen gelingen kann, in Bewegung zu kommen. Auch wenn ihnen das bisher sehr fremd vorkam.
Gefäße mache ich durch Bewegung und Ernährung nicht wieder gesund. Was kann ich erreichen durch Veränderungen im Lebensstil?
Sehr viel. Ich kann zum Beispiel Entzündungen hemmen, die sich oft an den Gefäßwänden niederschlagen. Ich kann den Durchfluss verbessern, indem ich die Transportkapazität des Blutes optimiere. Es lohnt sich immer.
Der Spaß an der Bewegung ist nicht jedem in die Wiege gelegt. Kann man ihn lernen?
Ja, natürlich. Am Anfang macht man körperliche Aktivität meist, weil der Kopf einem sagt: Ich muss mal wieder! Man wird aber sehr schnell spüren, dass dieses Tun ein positives Erlebnis ist. Ich verbessere mich nicht nur, sondern ich habe eine ganz andere Wahrnehmung von meiner eigenen Körperlichkeit und erhalte vor allem meine Mobilität. Das macht also nicht nur Sinn, sondern auch Spaß, weil sich der positive Aspekt auf jeden Fall einstellt.
Können Sie als ehemaliger Leistungssportler sich in jemanden hineinversetzen, dem das trotzdem schwerfällt?
Ich denke schon, es gibt aber ein paar Regeln, die man beachten kann. Meistens ist der Anfang ja so schwer, weil man sich zu viele und zu große Ziele setzt. Also nicht übertreiben! Dann wird man ganz viele positive Dinge erfahren. Außerdem: Nur Mobilität ermöglicht soziale Kontakte. Die guten Gefühle sind so groß, wenn ich es richtig mache, dass körperliche Aktivität jedem Spaß macht, da bin ich mir sicher.
Was ist die richtige Dosis Sport?
Die Weltgesundheitsorganisation rät zu mindestens 150 Minuten pro Woche, das sind 20 bis 30 Minuten pro Tag für den erwachsenen Menschen. Wichtig dabei: Körperliche Aktivität sollte man nach dem Grundprinzip der subjektiven körperlichen Unterforderung angehen. Ich will nach dem Sport sagen: Wow, war das schön! Das mache ich morgen wieder! Ich falle niemals kaputt auf die Couch. Mir geht es nach dem Sport immer so, dass ich vital, emotional ausgeglichen und angeregt bin. Dann wird es ein wunderbarer Tag.
Viele Schlaganfall-Patienten sind im fortgeschrittenen Alter. Worauf kommt es beim Sport für sie an?
Da würde ich zwei Empfehlungen geben. Die erste wäre ein Ausdauertraining. Blutdruck und Herzfrequenz werden gesenkt, das Schlagvolumen des Herzens wird größer. Zweiter Punkt: Ich muss unbedingt ein Muskeltraining betreiben. Gerade mit zunehmendem Alter schwinden die Muskeln. Muskeltraining sollte man mindestens 5-mal die Woche machen, ergänzend zum Ausdauertraining. Da reichen jeweils 5 bis 10 Minuten aus.
Bewegung gibt es unzählige Apps, die einem bei der Lebensstilanpassung helfen sollen. Was halten Sie davon?
Sie helfen dem Sportler, damit er sein Training besser steuern kann. Der normale Mensch braucht aber vor allem eine höhere Sensibilität. Deshalb würde ich solche Apps vielleicht zu Beginn nutzen, um den Einstieg zu finden und gewisse Grundkompetenzen zu erfahren, danach nicht mehr. Die können nämlich ganz schön terrorisieren. Du bekommst ständig Meldungen: Wo bist du? Wo bleibst du? Warum tust du nichts? Das muss man wissen. Ich glaube, dass wir diese Dinge nicht brauchen.