Erika Pullwitt hat ein Buch geschrieben. Es handelt von der gemeinsamen Geschichte mit dem Mann an ihrer Seite. Vor 33 Jahren erlitt er den ersten Schlaganfall, seitdem ist ein Gespräch nicht mehr möglich. Es ist der ernüchternde Bericht einer Mitbetroffenen. „Meine Co-Aphasie gehört inzwischen zu mir“, schreibt sie. „Ich rege mich darüber längst nicht mehr so auf wie noch vor 15 Jahren.“
Betroffene verstehen die Welt nicht mehr
Etwa 30 Prozent der Schlaganfall-Betroffenen erleiden eine Aphasie. Sie steht als Sammelbegriff für unterschiedliche Formen von Sprach- und Sprachverständnisstörungen. Für die Betroffenen ist die Aphasie oft eine schreckliche Erkrankung. Sie verstehen die Welt nicht mehr, oder die Welt versteht sie nicht mehr. Stets ist das gängige Kommunikationsmodell – hier Sender, dort Empfänger – gestört. In schweren Fällen funktioniert es gar nicht mehr.
Das Leben der Angehörigen ändert sich auch einschneidend
Wenn ein Ehepartner einen schweren Schlaganfall erleidet, sind die gesellschaftlichen Erwartungen klar. Der gesunde Partner (und die Partnerin erst recht) kümmert sich um den kranken. So war es auch bei Erika Pullwitt. Was anders war: Die Düsseldorferin (Jahrgang 1942) brach mit einem Tabu. Sie machte ihre Mitbetroffenheit öffentlich. Sie lenkte den Blick auf das Schicksal der Angehörigen, deren Leben sich oft nicht minder einschneidend verändert. Erika Pullwitt betreibt eine Website zu dem Thema, hält Vorträge vor Betroffenen und Angehörigen.
Niemand kennt sich damit aus
Auszeiten traut sie sich kaum noch zu nehmen. Natürlich gäbe es Kurzzeitpflegeplätze, doch das Problem bleibt die Kommunikation: Es gibt keine Einrichtungen, in denen sich die Pflegenden mit Aphasie auskennen. Erika Pullwitt ist für ihren Mann die einzige Brücke zur Welt. Sie kennen sich seit 1958, sind verheiratet seit 1965, „sodass eine emotionale Grundkommunikation immer vorhanden war und ist“, sagt sie.
Das Unwissen ist groß
Was Sie sich wünscht? „Dass Ärzte und medizinisches Personal viel mehr über Aphasie erfahren“, sagt sie. „Das Unwissen ist noch immer groß.“ Und das mache es Aphasikern und ihren Angehörigen noch schwerer. Seit 33 Jahren engagiert sich Erika Pullwitt nun für mehr Aufklärung. Sollte die Erkrankung ihres Mannes irgendetwas Gutes haben, ist es wohl das.
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