Der Schlaganfall zählt zu den komplexen chronischen Erkrankungen. Chronisch deshalb, weil man ihn nicht rückgängig machen kann. Er ist die häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter. Auch wenn die neurologische Rehabilitation riesige Fortschritte gemacht hat und Therapien immer wirksamer werden: Rund 60 Prozent der Betroffenen sind ein Jahr nach dem Schlaganfall weiterhin auf Unterstützung, Therapie oder Pflege angewiesen.
Als komplex gilt er deshalb, weil er durch das Zusammenspiel von Veranlagung, Lebensstil und Umweltfaktoren entstehen kann. Mindestens ebenso komplex wie seine Entstehung ist jedoch die Bearbeitung seiner Folgen. Und das macht ihn zu einer besonderen Herausforderung für Betroffene und Angehörige, insbesondere in der häuslichen Nachsorge, wenn ihnen kein Patientenlotse zur Seite steht.
Es geht zunächst darum, die Schlaganfall-Ursache zu finden und zu behandeln. Die Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohem Cholesterin oder Diabetes müssen einhergehen mit einer Umstellung des Lebensstils, häufig die größte Herausforderung für die Betroffenen: eine gesündere Ernährung, mehr Bewegung, Verzicht auf das Rauchen.
Ohne Eigentrainung geht es nicht
Die Rehabilitation bringt Therapien und Verfahren mit sich, von denen viele noch nie zuvor gehört haben. Und nach der Therapiestunde ist es nicht vorbei, denn ohne Eigentraining geht es nicht. Trotz vieler Überraschungen und großem Erstaunen: Bis hierher ist noch alles wohlsortiert, Patientinnen und Patienten fühlen sich gut behütet. Doch es kommt der Tag der Entlassung, und vorher gilt es, vieles vorzubereiten.
Außerhalb der Klinik sind Betroffene auf sich gestellt. Etwa 30 Prozent, so vermuten Neurologinnen und Neurologen, haben nicht einmal eine hausärztliche Praxis. Da fragt sich, wer weiter den Blutdruck einstellt oder Therapien verschreibt. Medizinisch-therapeutische, soziale und rechtliche Fragestellungen überlagern sich. Betroffene haben es gleichzeitig mit vielen Behandlern, mit der Krankenkasse, der Rentenversicherung oder der Agentur für Arbeit, dem Versorgungsamt oder dem Sozialamt zu tun.
Ist eine Rückkehr in den Beruf nicht möglich, stellt sich wohl die Frage nach einem Pflegegrad, einem Schwerbehindertenausweis oder Umbauten in der Wohnung. Doch wie geht all das? Und wer kann unterstützen? Sozialstaat und Gesundheitswesen stehen häufig in der Kritik. Oft zu Unrecht, denn es gibt viele Angebote und Leistungen für Betroffene und Angehörige. Die Herausforderung ist, sie zu finden. Mit unserem Schwerpunkt wollen wir etwas mehr Orientierung im Versorgungsdschungel geben.