Im Interview
Sabine Wolter
Referentin für Gesundheitsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Frau Wolter, das Digitale-Versorgung-Gesetz ist da. Kann ich mir jetzt eine App herunterladen und meiner Kasse die Rechnung schicken?
Nein, so wird es nicht laufen. Es muss eine geprüfte App sein und der Arzt muss sie verschreiben, damit meine Krankenkasse sie bezahlt. Es gibt zunächst ein mehrstufiges Zulassungsverfahren für diese Gesundheits- Apps, das wird über das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte laufen. Zunächst wird jetzt eine Rechtsverordnung erstellt, die Kriterien festlegt, die Anbieter erfüllen müssen.
Was beinhalten diese Kriterien?
Das wird man abwarten müssen, sie werden jetzt erst entwickelt. Das Bundesamt wird die Apps prüfen im Hinblick auf Datenschutz, Funktionalität und in bestimmter Form sicherlich auch auf Qualität, aber Genaues liegt noch nicht vor.
Wann kann man mit den ersten Apps auf Rezept rechnen?
Wir gehen davon aus, dass die ersten geprüften Apps ab Juni oder Juli dieses Jahres zur Verfügung stehen werden. Dann könnte der Arzt eine App, die für das Krankheitsbild geeignet ist, verschreiben.
Apps werden also für bestimmte Krankheitsbilder zugelassen?
Davon gehe ich aus. Ein Hausarzt kann ja nicht alle Apps durchgehen, es gibt auch wenig Erfahrungswerte. Der Arzt braucht Vorgaben, für welche Behandlungsform, für welche Erkrankung oder Vermeidung einer Erkrankung eine App geeignet ist.
Worauf sollte ich generell achten, wenn ich mir eine Gesundheits-App herunterlade?
Die drei Kernfragen lauten: Woher kommt sie? Wie ist es mit dem Datenschutz? Und welche Wirkung wird die App bei mir entfalten? Zuerst sollte ich wissen, wer dahintersteckt. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass so eine App mit ärztlicher oder wissenschaftlicher Begleitung erstellt wird.
Muss eine App nicht immer allgemeine Geschäftsbedingungen oder ein Impressum beinhalten?
Nein, nicht zwangsläufig. Apps aus dem App-Store kommen ja nicht nur von hier, sie kommen aus den USA, aus Asien oder woher auch immer. Da gelten oft andere Regeln. Was sind weitere Kriterien? Man sollte immer schauen, ob es sehr viele Werbeeinblendungen gibt. Dann hat die App auch einen kommerziellen Hintergrund. Wird vielleicht ein Produkt, ein frei verkäufliches Arzneimittel über die App beworben? Dann sollte ich auch etwas vorsichtiger sein. Vielleicht werde ich durch diese App in eine Richtung gelenkt, in die ich eigentlich gar nicht möchte.
Wie steht es mit dem Datenschutz?
Ganz wichtig! Ich sollte auf jeden Fall nachschauen: Wer verwendet meine Daten? Wo werden sie gespeichert? Und wie werden sie verwertet? Viele Apps kommen aus dem Ausland, wo der Datenschutz oft nicht so streng gehandhabt wird wie bei uns. Was kann ich einer App anvertrauen? Was behalte ich besser für mich? Man muss zwei Dinge beachten: Was gebe ich dort aktiv ein? Und auf welche Daten greift die App schon bei der Installation zu? Das sieht man ja beim Einrichten der App, welche Zugriffsberechtigungen sie fordert. Ob eine App alle Kontakte kennen muss oder Zugriff haben soll auf meine Fotos, muss ich mir gut überlegen. Zum anderen gebe ich vielleicht sensible Gesundheitsdaten ein, die außer mir und meinem Arzt niemanden etwas angehen. Wir gehen davon aus, dass bei den Apps, die vom Bundesamt zugelassen werden, der Datenschutz gewährleistet sein wird.
Und der Preis? Viele Apps sind ja kostenlos...
...und das verleitet schnell zum Download. Dafür muss ich wissen, dass ich vielfach mit Werbung bezahle oder mit meinen Daten. Für umsonst gibt es selten etwas. Wenn ich bei der Installation feststelle, die App verlangt mir einiges ab, wovon ich nicht verstehe, wofür sie das benötigt, dann sollte ich mir eine andere suchen. Der Markt ist groß genug.
Frau Wolter, vielen Dank für das Gespräch.